Samstag, 29. Mai 2021

Saffronkeira - A New Life [Denovali Records]

Cold Electronics. Vielleicht ein passender Genrebegriff für diese zweistündige Doppel-CD, in deren Verlauf Drones und Dark Ambient auf weltraumkalte und hochgradig steril ausgefeilte Elektronikstudien im Sinne früher Monolake-Veröffentlichungen oder auch Nommo Ogo’s kongenialer, in 2003 erschienener „Meat And Red Triangles / Blood Red Game“ 12“ auf Isolate Records treffen, in ihrer Gesamtheit jedoch statischer wirken und dadurch leider nicht voll punkten können. Trotz handwerklicher Perfektion bleibt der Eindruck des Fragmenthaften, der nicht komplett vollendeten Komposition – jeder Track in sich schlüssig, auf die Gesamtlänge hin gesehen jedoch etwas trocken und eben doch nur eine Reihung von Stücken anstatt eines runden Flusses. File under: Home Listening Entertainment für Liebhaber von Rhythm Industrial.

7/10 Points

Gastreview für Fazemag, Ausgabe 08/2012

Sonntag, 23. Mai 2021

B. Fleischmann - I'm Not Ready For The Grave Yet [Morr Music]

Intimate wäre wohl der richtige Terminus, wollte mensch das für Anfang Oktober angekündigte und laut Discogs schon elfte B.Fleischmann-Album in einem englischen Begriff zusammenfassen. Die Vocals haben ihr zu Hause im Indie mit zurückgenommenem Gestus, das Campfire-Gefühl des ganz nah dran seins zieht sich durch das komplette Werk und eigentlich wäre auch eine ergänzende Instrumentierung mit leicht schrammeliger, akustischer Gitarre genug gewesen. Stattdessen setzt Fleischmann auf eine Mischung aus Shoegazing und Electronica, die gemeinhin gern mit dem versossenden Unbegriff Indietronic umschrieben wird. Doch gerade Songs wie „Beat Us“, der verstörenderweise wesentlich länger wirkt als die 3:48 Minuten Spielzeit sind, oder auch das fein ziselierte „Lemminge“ gehen weit darüber hinaus, docken – wie auch andere Stücke auf „I’m Not Ready For The Grave Yet“ – an den Echos von PostRock an oder wagen sich durchaus einmal, wenn auch schüchtern, an den Rand der Clubtanzfläche. Zumindest in Momenten in denen es dort noch nicht so voll ist und auch vorsichtiges Mitwippen schon als Zeichen wohlwollender Zuneigung gilt. Zärtlich, ohne das Gefühl von Kitsch. Schön.

9/10 Points

Gastreview für Fazemag, Ausgabe 08/2012

Montag, 17. Mai 2021

MSMS - The Ride [Plastic City]

MSMS - Marcus Schmahl und Michael Schmickert, die sich hinter die gleichlautenden Kürzel ihrer Vornamen ver- und zusammen ins Studio zurückgezogen haben um an ihrem Debut-Longplayer zu schrauben, der nach 20 Jahren Freundschaft und diversen gemeinsamen Single-Veröffentlichungen in den letzten 2 Jahren scheinbar fällig war. Und es ist gelungen, was nicht zuletzt auch der Tatsache geschuldet ist, dass die beiden eben nicht erst seit gestern im Geschäft sind. „The Ride“ bietet auf den Punkt genau das, was mensch von einem Album auf Plastic City erwartet – ein bischen NuDisco hier, ein wenig Baleareneinfluss da, TechHouse spielt genauso eine Rolle wie deepe Vocals, das Gespür für dezente Melodieführung und einen Vibe, der auch eher Pop-affine Nichtelektroniker an der richtigen Stelle abholt ohne gleich in Richtung Mainstream zu schielen. Im Endeffekt machen MSMS also alles richtig, bedienen mit einem stimmigen Paket ohne Anbiederungsversuche ein relativ breites Publikum und haben damit – hoffentlich – den ihnen zu wünschenden Erfolg. Mir persönlich ist das Ganze jedoch einen kleinen Tick zu glatt und stromlinienförmig im Gesamtbild, deshalb gibt es minimale Abzüge in der B-Note.

7/10 Points

Gastreview für Fazemag, Ausgabe 08/2012

Sonntag, 9. Mai 2021

Stumbleine - Ghosting [Hija De Columbia 004]

Produzent aus Bristol veröffentlicht auf einem Label aus Bosnien-Herzegowina – sic !!! - das Kolumbien im Namen trägt und sich mit diesem Acht-Track-Album irgendwo zwischen Indietronic, instrumentalem Future R’n’B und dem verortet, was vor einigen Monaten (oder doch schon: Jahren?) als Chillwave durch die gängige Hype-Maschinerie gejagt wurde, im Endeffekt aber auch als Shoegaze mit elektronischen Mitteln durchgeht. Eine Beschreibung, die auch hier trefflich passt, abzüglich der Heroinsucht und den satanistischen Zeichenspielereien, die Chillwave und verwandten Genres wie WitchHouse gern zugeschrieben werden. Stumbleine ist da netter und, zumindest der Stimmung seiner Musik nach zu urteilen, frei von bösartig harten Drogen.

6/10 Points

Gastreview für Fazemag, Ausgabe 07/2012

Sonntag, 2. Mai 2021

DJ Empty - Meaningless [Accidental Records]

Veröffentlichungen aus Matthew Herbert’s ureigener Soundschmiede Accidental Records fordern grundsätzlich schon aufgrund ihrer Herkunft zunächst einmal die komplett ungeteilte Aufmerksamkeit des Zuhörers und auch wenn sich das Geheimnis hinter DJ Empty’s „Meaningless“-Album dank des verlorengegangenen Waschzettels nichts unmittelbar erschliesst – Nachforschungen ergaben jedoch die Existenz einer gleichnamigen 3-Track EP aus dem Jahre 2007 - geht es hier augenscheinlich um Annäherung an ein Thema aus zehn verschiedenen Perspektiven. Das rhythmische Skelett bilden hierbei sehr hölzern klingende und vermutlich aus dem Livekontext gesampelte perkussive Sounds, gesetzt im 4/4-Kontext, zuweilen um komplexere Elemente ergänzt und garniert mit weiteren, im elektronischen Kontext ungewöhnlichen und vor allem sehr trockenen Klängen, die im Gesamtbild den Schluss zulassen, das hier der Aufbau von Clubtracks mit anderen Mitteln und Klangfarben emuliert werden soll. Auffällig ist hierbei vor allem das nahezu vollendete Fehlen eines tragenden Elementes, denn von Bassgewalt und vor allem von expliziten Bassdrums sind alle „Meaningless“-Variationen weit entfernt. Entwickelt sich aber ab etwa Track 3 oder 4 die hypnotische Wirkung des Gesamtkonzeptes, schlägt das durchaus nicht negativ zu Buche sondern eröffnet eine neue Perspektive in Bezug auf House Music im weiteren Sinne. Spannend.

8/10 Points

Gastreview für Fazemag, Ausgabe 07/2012