Donnerstag, 25. August 2022

Fraktus - Millenium Edition [Staatsakt]

Fraktus waren der große Hype im Vorfeld des diesjährigen Reeperbahnfestivals, gehandelt und promoted als die vergessenen Erfinder des Techno, als Bindeglied zwischen Krautrock und NDW, als Initialzündung und Einfluss für die Stadium Techno-Epigonen von Scooter und mit dem Song „Supergau“ Inspirationsquelle für Wetsbam’s „Sonic Empire“. Alles Humbug der ersten Kategorie, aber zumindest der Sound hält sein Versprechen, denn in der Musik Fraktus’scher Prägung schwingen die Genialen Dilettanten des betongrauen Berlin der Frühachtziger Jahre ebenso lebhaft mit wie die Proto-NDW jener Zeit, die sich vor allem in den Hitsingles to be „Affe Sucht Liebe“ – übrigens auch geremixt von Alex Christensen – und „Mann“ Gehör verschafft. Die Frage nach der wahren Identität der Bandmitglieder bleibt hier bewusst ungeklärt, aber wer bei einer wunderschönen Textzeile wie „Lady Godiva dein Pferd ist müde...“ immer noch darüber nachsinnt in welchem Hamburg-spezifischen Kontext ein derartiges Projekt wohl entstehen kann, dem ist an dieser Stelle auch nicht mehr wirklich weiterzuhelfen. „Jagt den Fuchs. Da ist der Fuchs.“ Ohne Worte.

8/10 Points

Gastreview für Fazemag, Ausgabe 11/2012

Donnerstag, 18. August 2022

Monokle - Saints [Ki Records]

Mit seinen noch jungen 26 Jahren veröffentlicht der in St. Petersburg beheimatete Produzent Vlad Kudryavtsev a.k.a. Monokle schon sein fünftes Album insgesamt, tritt aber mit „Saints“ zum ersten Mal mit einem Solowerk auf dem physischen Tonträgermarkt in Erscheinung und erweitert damit seine Zielgruppe erheblich, zumal die Liebhaber klassischer Electronica-Klänge in der Regel wohl zu einer Generation zählen, die nicht nur mit der Haptik realweltlicher Medien aufgewachsen sind, sondern auch in Form von Compilations wie der legendären „Artificial Intelligence“-Reihe mit entspannten, aber tiefgehenden Ausflügen in elektronische Welten jenseits der geraden 4/4 Bassdrum sozialisiert wurden. Ohne die üblichen Vertreter jener Soundwelten erneut als Referenzpunkt zu zitieren, ergibt sich ein Bild aus dem Wissen um Monokle’s Vorliebe für frühe Warp Records-Veröffentlichungen und IDM im Allgemeinen, auch wenn der IDM/Pop-Crossover „Slower“ als eher unnötiger Versuch aus dem Rahmen fällt, der zuweilen auch Bezüge zu kontemporärer Bassmusik zulässt. Diesen Track ausgenommen gibt es verdiente

8/10 Points

Gastreview für Fazemag, Ausgabe 11/2012

Donnerstag, 11. August 2022

P.O.S. - We Don’t Even Live Here [Rhymesayers Entertainment]

HipHopElectroRock. Genau in dieser Schreibweise steht es auf dem Waschzettel. „Wir wollen alles auf einmal sein“ wäre wohl eine treffendere Formulierung gewesen und so klingt P.O.S. wie eine unausgegorene Mischung aus BigBeat in den letzten Zügen, Eminem-Klonen, ein bischen Hoffnung auf Radioeinsatz und Anerkennung in der Popwelt und der Resterampe der kurzfristig erfolgreichen Crossover-Szene. Wer das jetzt wie oder warum braucht, lasse ich mal für alle diejenigen dahingestellt, die gut von gut gemeint unterscheiden können. Nach ein paar Drinks besoffen zu „They Can’t Come“ auf einem Konzert rumhüpfen erscheint mir allerdings eine halbwegs sinnvolle Beschäftigung. Deshalb dann doch noch

4/10 Points

Gastreview für Fazemag, Ausgabe 11/2012

Donnerstag, 4. August 2022

DJ Scientist - For Better For Worse [Equinox Records]

Ein überaus deepes und vor allem erstaunliches Debutalbum, das DJ Scientist hier auf Equinox vorlegt, entstanden doch die meisten Tracks in ihren Erstfassungen in den Jahren 2001 bis 2006 und wurden dann aus diversen Gründen erst mit 6 Jahren Abstand erneut überarbeitet. Musikalisch jedoch greift DJ Scientist noch viel weiter und bis in die 90er zurück und liefert mit „For Better For Worse“ ein vorwiegend Sample-basiertes TripHop / Instrumental HipHop-Album, das sich selbst vor absoluten Klassikern wie DJ Shadow’s „Entroducing“ nicht zwingend verstecken muss. Beat- und Samplezauberei in Reinkultur und mit dem Track „Autumn Leaves“ huldigt er dem Blues im TripHop ebenso ergreifend wie einst DJ Signify mit „Winters Going“ auf Lex Records. Nice one.

9/10 Points

Gastreview für Fazemag, Ausgabe 11/2012