Samstag, 18. April 2020

THERE’s MORE TO LIFE THAN...


...love. Das dem nicht so ist erfährt der Autor dieser Zeilen an jedem Tag wieder schmerzlich im Kampf um die Liebe, die Frau seines Lebens und aus genau diesem Grunde geht es in diesem Monate um eben jene – um die Liebe. Um Songs und Bands, die die Seele streicheln, die Verzweiflung kompensieren oder auch... whatever.

Angefangen mit dem in Deutschland immer noch unterschätzten DFA-signing Prinzhorn Dance School, deren Show im März in Hamburg leider grandios unterbesucht war, was aber glücklicherweise weder der Grossartigkeit noch dem Energielevel ihres ultraminimalen PostPunk-Entwurfes Abbruch tat. Die Songs aus dem aktuellen Album „Clay Class“ liessen Grosses vermuten und es bleibt zu hoffen, dass die deutsche Fangemeinde endlich einmal aufwacht. Musikalisch dunkel, aber zumindest mit der Hoffnung spendenden Zeile „When nothing matters... all is well“ versehen ist der jüngst erschienene Longplayer „Sisyphus“ der Wave-/Goth-Legenden No More. Legenden? Kennt keiner? Zumindest die ältere Generation der FAZE-Leser hat sich in den Spätneunzigern zur Hell’schen Interpretation von „Suicide Commando“ die Füsse wund getanzt, auch wenn schon damals das Wissen um die 1981-er Originalversion aus der Feder von – genau! – No More der breiten Masse von Ravern nicht eigen war. Also: anhören.

Ebenfalls gezeichnet von Verlangen und Verzweiflung ist die neue 7“ des Herrn Trentemöller auf seinem eigenen Label In My Room – wieder in Zusammenarbeit mit der Vokalistin Marie Fisker serviert der wohl bekannteste Däne der Welt eine Neubearbeitung des 1984-er PostPunk-Underground-Hits „My Dreams“ von The Gun Club: auf der A-Seite dunkel dräuend und hypnotisch, während die Akustikversion auf der B-Seite schon fast ein Gefühl von Lagerfeuer verbreitet ohne dabei wirklich harmlos zu sein. Als – leider nur – Digitalbonus obendrauf gibt’s eine Neubearbeitung von Chris Isaak’s Überhit „Blue Hotel“, der Sehnsüchte weckt... nicht nur nach einer Vinylversion!

Und noch eine weitere Neubearbeitung eines Klassikers gibt es zu vermelden, denn die in Wiesbaden beheimatete Formation Naon wagt sich gleich mit dem Opener ihrer aktuellen 5-Track EP „Working Title“ and den Eurhythmics-Evergreen „Sweet Dreams (Are Made Of This)“, verleiht ihm einen neuen Anstrich zwischen Synthie- und FuturePop und verbrät dabei alle Effekte, die vor allem letzteres Genre hergibt. Könnte ebenso wie die anderen Tracks dieser EP durchaus in die Heavy Rotation-Listen lokaler Grossraum-Gothic-Parties wandern, ist allerdings für echtes Airplay stellenweise doch ein wenig zu dick aufgetragen. Trotzdem einen Check wert.

Ebenso gilt dies auch für das schönste Liebeslied des vergangenen Monats mit dem bezeichnenden Titel „In Love“, gesungen und geschrieben von der unglaublich bezaubernden Ira Atari und zu finden auf „Audiolith – Doin’ Our Thing #2“, dem exklusiven Vinylbeitrag des Hamburger Labels zum Record Store Day 2012, der mit Bratze’s „Strafplanet“ und dem legendären „Tote Tiere“ von Supershirt & Captain Capa noch mindestens 2 dicke Hits zusätzlich enthält.

Eine andere und durchaus besondere Liebesgeschichte versteckt sich hinter dem Song „Giver“, zu finden auf dem grossartigen Debutalbum „Not Now“ der Hamburger Band Clara Bow. Ursprünglich von ihrem schwedischen Ex-Partner Johan Eckerström im Rahmen der Trennungsbewältigung von Frontfrau Katrin Hesse geschrieben, coverte sie diesen mit Clara Bow, zunächst jedoch ohne das Wissen darum das sie selbst Thema des Selben ist. Nichtsdestotrotz findet sich „Giver“ nun auf dem Album und füllt, ebenso wie die nur beispielhaft genannten Songs „Paul Rulz“, „Restart“ oder „You Got It“ alle Tanzflächen zwischen Indie und GaragenPunk-beinflusstem Rock’n’Roll – selten so viele Ohrwürmer innerhalb von knapp 35 Minuten Laufzeit gehört und schon deshalb Pflichtkauf für alle, die ein offenes Ohr für Gitarrenmusik mit dem Herz am rechten Fleck haben. Besser sind Clara Bow nur noch live und laut Gerüchteküche (...oder besser: den Informationen bei gemeinsamen Spätstück in der u.a. von Hannes Langner betriebenen Bar-/Cafe-Location „Die Gesellschaft“ zufolge) steht im Frühherbst eine Tour zum Album an. Watch out! Watch out gilt auch für den dort servierten Apple Pie und extrem leckere Ciabatta-Sandwiches in diversen Variationen. Beim nächsten Hamburg-Besuch austesten und dann direkt im Anschluss das Clara Bow-Album im weniger als 5 Gehminuten entfernten Plattenladen Otaku Records käuflich erwerben.

Für frisch und unschuldig Verliebte servieren I Heart Sharks ihre Single „Summer“ mit dem fast noch faszinierenderen Bonustrack „Aerobics“ - mein persönlicher Favorit dieser Veröffentlichung. Kennengelernt haben sich I Heart Sharks der Legende nach übrigens im Berghain und liessen ihren Happy-Go-Lucky-IndiePop standesgemäss zusätzlich von Brazed, Etnik und den Audiolith-Wonderboys Captain Capa durch den Wolf drehen. Meine liebste Neuentdeckung der letzten Wochen jedoch ist die 7“-Single „I Heard You Say“ der Vivian Girls, veröffentlicht zwar schon zum Recordstore Day 2011, aber mit ihrem leicht verquer-hippieskem, leicht vernebelt-unschuldigem Mädchengesang immer noch Balsam fürs gebeutelte Herz. Entdeckt habe ich die Band übrigens in der Bar Meine Kleinraumdisko, einer meiner Hamburger Lieblings-HangOuts für unter der Woche, und genau diesem Ort verdanke ich auch meine entfachte Liebe zum Dillon-Album „This Silence Kills“ auf BPitch Control – irgendwo zwischen Elektronik, Björk und süsser Unschuld. IndiePop 2012 und vor allem „Tip Tapping“ ist ein grosser Hit. Wichtige Platte. Kaufen!


Gastkolumne für Fazemag, Ausgabe 06/2012

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