Samstag, 28. März 2020

THERE’s MORE TO LIFE THAN...


...the dancefloor. Zumindest scheint das der herrschende Konsens unter den alten Hasen der elektronischen Feierkultur zu sein, zumindest wenn mensch sich die in den einschlägigen Foren immer wieder auftauchenden Threads zum Thema Ambient- & ChillOut-Floors ansieht. Aber wo sind sie denn nun hin? Warum sind sie verschwunden und mit ihnen auch eine Form von elektronischer Musik, die sich wunderbar zum Zu- und Nebenbeihören eignet, ohne gleich den Tanzbefehl zu implizieren? Fragen ohne echte Antwort und doch scheint Ambient dieser Tage eine kleine Renaissance zu erleben, angefangen bei dem schon Ende 2011 veröffentlichten Album des Italieners Manuel Fogliata a.k.a. Nuel auf Further Records, das zwar mit „Trance Mutation“ einen fürchterlichen Titel trägt, aber verpackt in ein hochwertiges Siebdruckcover mit ägyptischen Motiven auf feine Weise balearische Gitarrenklänge, Post-PostRock und eben ChillOut vermischt, bis hin zur nur als US-Import erhältliche Doppel-CD „Their Moments Of Perfect Happiness“ des amerikanischen Duos Cyberchump. Unter diesem Pseudonym nähern sich Mark GE und Jim Skeel aus dem Bandkontext kommend der elektronischen Zuhörmusik und kombinieren diesmal ganz klassischen Ambient mit leichten Dub- und Downbeat-Einflüssen ohne dabei kitschig oder gar retro zu wirken - eine Platte, die DJ-Legende Mixmaster Morris in den 90ern wahrscheinlich geliebt hätte. Ebenfalls gross und jüngst veröffentlicht sind die mit „And Never Ending Nights“ betitelten und auf 500 Exemplare limitierten, wabernd-krautigen Synthie-Spielereien des The Field-Kopfes Axel Willner unter dem Pseudonym Loops Of Your Heart auf dem Kölner Label Magazine, die sich ebenso in diese Reihe einfügen wie der nur digital via Cognito Percepti erhältliche Wardrobe Memories-Longplayer „Swamp Of Sorrows“, der Hörgenuss mit anspruchsvoller Electronica vermengt und dabei immer wieder einen Anflug von weirdem Maschinenfunk durchschimmern lässt.
Zum Thema Tanzfläche – kaum hatte ich Sascha Müller an dieser Stelle für seine Produktivität und seinen Output gelobt, flatterte mir doch exakt einen Tag nach Abgabeschluss eine weitere Veröffentlichung des umtriebigen Uelseners im Briefkasten herum: die Katalognummer 001 seines neuen Labels Psychocandies, limitiert auf 200 hübsch marmorierte 7“es. Der an Labels wie DJungle Fever u.ä. orientierte, schmutzige Acid-Sound der ersten VÖ kommt, natürlich, von Herrn Müller himself, der sich die kleine runde Scheibe mit dem 303-süchtigen Produzenten Acidfloor teilt. „Higher State Of Consciousness“ als referenzielles Stichwort mag an dieser Stelle genügen, der Vinyldealer eures Vertrauens kann mit etwas Glück und Ausdauer eine Kopie besorgen.


Gastkolumne für Fazemag, Ausgabe 04/2012

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