Freitag, 8. Mai 2020

THERE’s MORE TO LIFE THAN...


...colour. Sagt zumindest der Blick in den trist trüben Hamburger Himmel und aus diesem Grunde beginnt der musikalische Rundblick in diesem Monat mit dem auf Dirty / Pschent veröffentlichenden Trio Tristesse Contemporaine, die auf ihrer ebenso betitelten Debut-LP nicht nur die Tristesse im Namen führen sondern mit Titeln wie „Empty Hearts“ oder „Hell Is Other People“ auch ganz schnell klarstellen wo der dunkelgraue PostPunk-/ (No)Wave-Hammer hängt. Geht in Ansätzen auch auf dem Indie-Dancefloor und erinnert in seinem musikalischen Variantenreichtum zuweilen an das bereits 2004 auf Dekathlon erschienene Nam:Live!-Konzeptalbum „The Testament: Sex, Scriptures And Rock & Roll“. Sehr empfehlenswert,

Grautöne vor allem im Sinne der inselartigen Zustände des ummauerten Berlin der Früh80er-Jahre sind auch das musikalische Thema der – ganz No Future-gerecht – Verbrannte Erde benannten Band, die mit „IV“ ihr eben viertes Album der Bandgeschichte vorlegt. Erschienen auf Major Label verbreitet die Truppe düstergraue Musik irgendwo zwischen Fehlfarben und charmant schrammelndem DeutschPunk, ohne jedoch in die Klischeefalle der „Schlachtrufe BRD“-Serie zu tappen. Hier gibt es Inhalt, durchdachte Texte und natürlich eine gehörige Portion Systemkritik, die jedoch subtiler daherkommt als mensch es vielleicht in diesem Zusammenhang gewohnt ist.

Eine andere Form von Farbverzicht übt das zur Zeit schwer angesagte Rawax-Label, interessiert sich einen Dreck für Covergestaltung und liefert statt dessen farbiges Vinyl in weissen Papierhüllen, stilecht als Whitelabel mit – farblich zum Vinyl passender – Stempelästhetik. So suggeriert mensch die Verbundenheit zum Untergrund, generiert im besten Falle einen kleinen Hype (gelungen!) und liefert mit der Katalognummer 10.2 von Unbroken Dub nach vergleichsweise schwachem Start auch endlich einmal entsprechendes Material ab. Zwei Tracks gibt’s auf der „Kosmos EP“ - einmal eher `troity verträumten Armchair Techno, mit dem sich im Idealfall auch die vertripptesten Raver glücklich nach Hause schicken lassen, während es auf der Flipside leicht angedubbed, mit kühlem Sci-Fi-Approach und vor allem mehr Druck zur Sache geht. Wer sich schon vor dem Hype die Sandwell District 010 ins Regal gestellt hat findet hier die ideale Anschlussplatte.

Trotz exzellent gestaltetem schwarz-weiss Grafikcover überhaupt nicht monochrom präsentiert sich hingegen die „Origo“ EP der schwedischen Produzenten Lisa & Kroffe auf dem eben dort beheimateten Label Monoscope und servieren nahezu kosmisch anmutende Synthesizermusik vom allerfeinsten. Weitgehend beatlos, angenehm kitschig und Ambient und die grossen Vorbilder wie Jean-Michel Jarre, Vangelis oder auch Tangerine Dream schauen hier und da auch gern einmal um die Ecke. Trotzdem: Lisa & Kroffe kopieren nicht sondern liefern gelungenes 2012er Update analoger Klangkunst und zeichnen akustische Landschaften im epischen Breitwandformat. Me likey.


Gastkolumne für Fazemag, Ausgabe 08/2012

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